Anna Oppermann: Text from 1982 in the catalog: Anna Oppermann Ensembles 1968-1984, Hamburg and
Brussels 1984, p. 131
Im
"Problemlösungsauftrag" geht es u. a. um das "Problem" Doppeldeutigkeit
von Objekten, Bildern, Zeichen (nebenbei auch um die Bewertung
bestimmter Kunstformen).
Ich gehe aus vom Bild des Raumes -- Raum konkret und im übertragenen
Sinn gemeint. Raum konkret: die quadratförmige Schachtel in der
Ecke, aber auch die den Umraum einbeziehende spezifische Präsentation
dieser Arbeit. Bleiben wir bei dem Bild der Schachtel in der Ecke.
Läßt sich der Betrachter auf dieses Objekt ein, so wird womöglich
in diesem Umraum seine Fantasie angeregt, er fängt an zu assoziieren.
Für den einen mag dieses Bild etwas Bedrohliches bekommen, zumal
im Zusammenhang mit den Zitaten über Atombunkersituationen aus
dem Handbuch über Selbstschutz. Das auf der Schachtel liegende
verwelkte Tulpenblütenblatt bekommt etwas von Verdorbenem, Verderben
der Natur. Die Diaprojektionsfläche könnte zu einem getarnten
Eingang eines Atomschutzbunkers werden, und auch die anderen im
Ensemble auftauchenden Bilder würden in diesem Zusammenhang eine
entsprechende Bedeutungszuschreibung erhalten.
Eine andere Möglichkeit, in dieses Objekt einzusteigen, wäre die
Vorstellung von einer Märchensituation. Dann würde die Schachtel
ein Haus mit Oberlicht sein, in dem ein Elfchen wohnt, das sich
zuweilen in das Tulpenblütenblatt zum Sonnen auf das Oberdach
begibt, und die Diaprojektionsfläche wäre der Eingang in ein unterirdisches
Zwergenreich oder Alices Wunderland.
Wie das ganze Ensemble gedeutet wird, wird natürlich auch beeinflußt vom Titel
bzw. dem Kontext zur Gesamtausstellung. So wurde die "Königin"
in der Ausstellung "Typisch Frau" zu einer Metapher für die neue,
selbstbewußte Frau und die Schachtel zum raumumschließenden Symbol
der Weiblichkeit. Die Pflanze weist dann auf das ihr gemeinhin
zugeschriebene naturhaft-vegetative Wesen hin, im Gegensatz zum
eher intellektbetonten Mann.