Das, was ich Ensemble nenne ...
Das Thema eines Ensemble
Ensemble "Raumprobleme" (Plan des Vorgehens)
Ensemble und Raum (allgemein)
Das, was ich Ensemble nenne, entsteht durch Anwendung einer bestimmten
Methode. Wichtige Bestandteile dieser Methode sind unter anderem
die Wahrnehmung bzw. Stimulierung verschiedener Bewußtseinsebenen,
in denen Begriffe wie z. B. Chaos und Ordnung einen neuen Bewertungsumraum
erhalten.
Das Thema eines Ensembles
Jedes Ensemble umschreibt (beschreibt) ein Thema (Konflikt/Problem).
Bei vielen Ensembles ergibt sich das Thema unwillkürlich im Verlaufe
des Arbeitsprozesses (der sich zum Teil schon über Jahre hinstreckt).
Andererseits ist es jedoch auch möglich, ein Thema von Anfang
an gezielt zu bearbeiten (zielgerichtete Assoziationsauslösung).
Das verbalisierte Thema, aufgeschrieben mit großen Buchstaben
auf dem Fußboden innerhalb des Arrangements, ist auch (aesthetisch)
formal Bestandteil des Ensembles und bildet zusammen mit den Markierungskreuzen
und -linien eine lockere Eingrenzung, eine Art magische Bannmeile.
Inhaltlich ist die Formulierung des Themas bewußt (etwas provozierend)
banal, plump, mindestens unprätentiös oder ironisierend verschroben.
Wichtig ist dabei, daß die Formulierung des Themas nicht in Konkurrenz
gerät zu wissenschaftlicher Terminologie und entsprechende Erwartunqshaltungen
des Betrachters provoziert. Der Verdacht, naiv zu sein, wird in
Kauf genommen, zumal einige Details differenzierter sind und höhere
Anforderungen an die Informationsaufnahmebereitschaft des Rezipienten
stellen.
Ensemble "Raumprobleme" (Plan des Vorgehens)
1. Skizzen vom Umraum des Arbeitsplatzes und des Erlebnisraumes
(sich zeichnend an das Thema herantasten)
2. Brainstorming (zielgerichtete Assoziationsauslösung zum Thema
1. und 2.: Phase der Konzentration und Ausdehnung (Meditation,
Katharsis)
3. Zustandsfotos von 1. und 2.
4. Themenskizze vom Zustandsfoto
5. Herstellung eines Modells der Raumecke für das Ensemble
6. Themenskizze für das Raummodell
7. Foto vom Modell und Themenskizze und Zustandsfoto (sieheAbbildung)
8. Kurzgefasste Aufzählung des Vorgehens (eben dieser Plan von
1. bis 15.)
9. Herstellung eines kurzgefaßten Themendiagramms (siehe Abbildung)
3. bis 9.: Phase der Reflexion (Zusammenfassen, Ordnen, Einordnen)
10. Realisation des Modells im Raum (unter Berücksichtigung der
Ensemblekriterien) mit Hervorhebungen -- Betonungen -- von mir
wichtigen Details (Aussortieren privater Äusserungen)
11. Foto von der Rauminstallation
12. Themen-(Guck-)Plan für das Foto (11.)
13. Vereinfachte Skizze des Standortes des Themen-(Guck-)Plans
14. Erneutes Brainstorming -- Einbeziehen des Erlebnisumraumes
während der Ausstellung (mit Reaktionen von Rezipienten)
15. Foto von allem am Ende der Ausstellung. Analyse, Reflexion,
Modifikation u.s.w.
Ensemble und Raum (allgemein)
Dem persönlichen Interesse und der Zeitdauer der Entstehung eines
Ensembles entsprechend gibt es raumfüllende oder kleine Ensembles.
Allerdings kann ein umfangreiches Ensemble auch in reduzierter
(komprimierter) Form arrangiert werden. Wichtig ist vor allem
dabei das Sichtbarwerden der Methode.
Das Ensemble am Arbeitsplatz kann eine andere Form haben als der
Aufbau anläßlich einer öffentlichen Präsentation, wo Aspekte der
Vermittlung (Kom munikation) stärker berücksichtigt werden. Zwar
bezieht das Ensemble den Umraum des Entstehungsortes mit ein (Meditationszeichnungen),
jedoch wird der Ausstellungsraum vorwiegend nach formalen, technischen
Aspekten berücksichtigt zugunsten einer schon prinzipiell bestehenden
inhaltlichen (the mengebundenen) Form.
Ein Ensemble bezieht den Raum (den Umraum, auch im übertragenen
Sinne) mit ein. Die offene fragile Form macht das Arrangement
verletzbar, zerstörbar; sie weist hin auf seine innere (inhaltliche)
Offenheit.
Offen einsehbar sind persönliche, allgemeine und ensemblespezifische
Unzulänglichkeiten. Fehler dürfen, müssen sein und dem jeweiligen
Entwicklunszustand des Ensembles entsprechen; denn ein Ensemble
ist immer auch Reflexionsvorlage weiterer Bemühungen und somit
offen für Ergänzungen, Verbesserungen, Veränderungen.
Die Form des Ensembles ist unter anderem Symbol für eine allgemeine
Unzulänglichkeit, -- die Unzulänglichkeit, dem bei der Beurteilung
eines Objektes theoretisch bestehenden Anspruch gerecht zu werden,
und alle Aspekte, z. B. den jeweiligen Wissenstand verschiedener
Fachbereiche zu berücksichtigen (Stichwort: Reizüberflutung, Fachidiotie).
Die Definition von Raum in Begriffen wie Ausdehnung -- Eingrenzung,
Offenheit -- Geschlossenheit, Beschränkung -- Unendlichkeit findet
an der Methode Ergänzungen in Begriffen wie Ordnung, Chaos, Realität
-- Transformation, Erstarrung -- Auflockerung (hehr und banal).
Im Anschluß an diese, schließlich bombastisch wirkende Reihung
von Begriffen, sei nicht vergessen, etwas zu erwähnen, was wieder
die Methode allgemein betrifft: der Übermensch wurde rausgeworfen.
[um die rot gekennzeichneten Passagen gekürzt auch abgedruckt in Katalog:
Anna Oppermann Ensembles 1968 bis 1984, S. 97]
II.
Ensemble and space (in general)
Relative to the personal interests and the length of the creation
of an ensemble, it can be room filling or small. An extensive
ensemble can also be arranged in reduced (compressed) form. What
is important above all is that the method becomes visible.
The ensemble in the workplace can have a different form than the
resulting installation in a public presentation, where aspects
of mediation (communication) must be more strongly considered.
It is true that the ensemble incorporates its environment (meditation
drawings), but the exhibit room is primarily considered for formal,
technical aspects, to the benefit of the already principally existing
content (theme connected) form.
An ensemble incorporates the room (the environment, also figuratively).
The open, fragile form makes the arrangement injurable, destroyable;
it indicates the inner (content) openness.
Open to examination are personal, general and ensemble-specific
inadequacies. Mistakes may, must be, and correspond with the current
development situation of the ensemble. An ensemble is always being
reflected upon and considered for further efforts, and is therefore
open to supplementation, improvements, changes.
The form of the ensemble is, among other things, symbolic of a
general inadequacy, -- the inadequacy, which in the evaluation
of an object does justice to theoretically existing claims and
considers all aspects, for example the respective knowledge of
differing fields of study (Key word: overstimulation, specialist
idiocy).
The definition of space in concepts such as extending -- confining,
openness -- closedness, limitation -- infinity, finds in the method
supplementation in concepts such as order, chaos, reality -- transformation,
solidification -- loosening (noble and banal).
Connected to this bombastically working ordering of concepts,
one must not forget to mention something which again concerns
the method in general: the superman is thrown out.
[Translation: Marie Oamek
Original German text and bibliographical information see above]