Anna Oppermann: Ensemble in the catalog: Kunstpreis Villa Romana Florenz '77, Florence
1978, pp. 28-53
Ensemble
Bestandteile
Äusseres Erscheinungsbild
Methode des Vorgehens
Wie ist diese Methode entstanden
Seit wann Ensemble
Umfang (Ausdehnen und Zusammenziehen) - das relat. Einzelstück
Thema und Begrenzung eines Ensembles
Ein Ensemble (Portrait) über einen bestimmten Menschen machen
Ensemble:
Ist die Dokumentation einer bestimmten Methode des Vorgehens bei
Wahrnehmungs- oder Erkenntnisübungen.
Bestandteile:
Ein Objekt (ein Fundstück aus der Natur, z. B. ein Lindenblütenblatt)
Podeste, weißer Stoff, Skizzen, Zeichnungen, Fotos, Fotoleinwände
(z. Teil bezeichnet, und beschrieben), Bilder (Öl oder Buntstift),
gemachte Zitate von mir und von anderen (banale Äusserungen und
Zitate aus den Bereichen: Psychologie, Soziologie, Philosophie).
Äusseres Erscheinungsbild:
Das Ausgangsobjekt (Natur) wird erhöht in der Mitte eines Podestes
präsentiert, welcher mit Stoff bedeckt ist. Durch eine sich unter
dem Podest befindende Lampe werden Licht und Schatten des Faltenwurfes
hervorgehoben. Auf der Tischfläche werden um das Objekt herum
Zustandfotos senkrecht aufgerichtet arrangiert oder um die Tischfläche
herum an den Stoffalten hängend befestigt.
An den Wänden befinden sich meistens große, zusammenfassende Fotoleinwände
(bis 2,50 m x 2 m), oder Vergrösserungen wichtiger Details --
und (relat.) Einzelstücke, die zusammenfassendes Foto, Details
und Ausgangsobjekt auf einer Fläche vereinen. Der Fußboden und
der Raum vor dem Podest wird durch Markierungen und Fotos auf
dem Boden in das Arrangement miteinbezogen. Oft entstehen illusionär
sich in Kaskaden vertiefende Räume, dadurch, dass Fussböden und
Podeste früherer Zustände auf grossen Fotoleinwänden den Raum
zu erweitern scheinen.
Methode des Vorgehens:
Meditation -- Katharsis -- (feed-back) -- Reflexion -- Analyse
-- Einbeziehung bzw. Konfrontation mit anderen Bezugssystemen
-- Versuche der Herstellung eines Gesamtbezugs --.
Dies geht in der Praxis sicher nicht so linear bzw. eindeutig
von einander abgetrennt vor sich wie die Zusammenstellung dieser
(etwas bombastisch anmutenden) Begriffe vorgibt. Aber grundsätzlich
scheint mir die Fixierung und Visualisierung von Vor- bzw. Unbewussten
eine Chance zu bieten, etwas (bes. Unzulänglichkeiten) zu erkennen,
bewusst oder gar veränderbar zu machen. («Kunst» bzw. Künstleräusserungen
als Hilfsvorlage für Untersuchungen ! !)
«Wissen wollen wie und warum ich, die andern, die Umstände, die
Zustände so sind».
Anbei wird, von einem Punkt ausgehend (vom relat. Einfachen zum
relat. Komplizierten) der Radius der Interessenskreise immer grösser.
Der Ausgangspunkt (bzw.-Zustand) ist ein subjektives, möglichst
spontanes (zum Teil automatisches) Reagieren und Assozieren auf
ein Objekt (am Anfang ein Laubblatt, später Menschen, Umstände,
Äusserungen anderer) durch Skizzen, Zeichnungen, Fotos und Zitate.
Alles ist in diesem Bereich zugelassen, auch Äusserungen, die
gemessen mit gängigen künstlerischen Bewertungskriterien unter
den Tisch fallen müssten -- «das Chaos muss ausgehalten werden
! ».
Betont werden muss: polyphones Ausdehnen wechselt ab mit Zusammenfassungen.
Zusammenfassungen auf Fotoleinwänden oder Schema-Texten sind Visualisierungen
räumlicher, zeitlicher, psychischer Distanz -- Abstraktion --
Analyse.
Details verschwinden oder sind durch Verkleinerungen für Aussenstehende
nicht mehr nachvollziehbar, anderes wird durch Vergrösserung hervorgehoben.
Durch Gegenüberstellung der Spontan-, Reflexsions- und Realitätsebene
im Ensemble ist eine Metaebene möglich und diese wiederum integriert
würde die nächste ergeben.
Wie ist diese Methode entstanden:
Es gibt mehrere Gründe für die Entstehung der Methode.
Verkürzt: die Methode entwickelte sich aus dem Bedürfnis, ein
Bild zu malen. Ich baute ein Stilleben auf, (wie es Maler häufig
zu tun pflegten), machte Skizzen davon, stellte sie zu dem Stilleben
dazu, um jeder Zeit Realität und Übersetzung besser überprüfen
zu können.
Da mir die Skizzen häufig besser zu sein schienen als jede mir
denkbare Verwirklichung auf repräsentierender Bildfläche, gab
es dann Bilder mit Skizzen (trompe d'oeil), später Vergrösserung
der Skizzen auf grossen Fotoleinwänden.
Die Methode entstand ausserdem aus dem Bedürfnis, wissen zu wollen:
warum dieses Symbol, jenes Symptom? -- und weil ich offen sein
wollte für Korrekturen und Entwicklungen.
Seit wann Ensemble:
Der genaue Zeitpunkt, an dem ich bewusst die Form des Ensembles
akzeptierte, ist nicht genau feststellbar, da meine Arbeitsräume
jahrelang einen ähnlichen Anblick boten vor der ersten öffentlichen
Präsentation 1972. Einzelteile als Bestandteile von Ensembles
gibt es mindestens ab 1965. Die Entstehung eines Ensembles erstreckt
sich über mehrere Jahre und ist eigentlich nie abgeschlossen.
Umfang (Ausdehnen und Zusammenziehen) -- das relat. Einzelstück:
Der Entstehungsdauer und dem jeweiligen Thema entsprechend gibt
es raumgreifende und kleinere Ensembles. Ein umfangreiches Ensemble
kann aber darüberhinaus den vorgegebenen Raum - und Zeitbedingungen
angepasst und entsprechend konzentriert oder ausführlich arrangiert
werden. Es kommt vor, dass sich innerhalb eines schon ausführlicher
behandelten Themas Untergruppen bilden, wie Ableger, die vom Hauptteil
abgesondert einzeln neue kleine Ensemble-Anfänge bilden können.
Wechselt ein Ensemble den Besitzer, oder der Hersteller den Arbeitsort,
kann ein Ensemble-Foto (Gesamtansicht) zusammen mit dem dazugehörigen
Obiekt die Grundlange eines neuen Ensembles bilden.
Thema und Begrenzung eines Ensembles:
Die meisten Ensembles kreisen ein Thema ein. Zum Beispiel handelt
«Arrangement mit dem Messer» von menschlichen Grenzsituationen
zwischen «Normalsein» und Psychose (mit Texten über Fallbeispiele
aus der psychoanalytischen Literatur) -- «Tomaten» (Gurken und Tomaten) von Frauen bzw. Hausfrauensituationen
-- «Dekor» von Umgang mit Menschen, usw.
Ein Ensemble (Portrait) über einen bestimmten Menschen machen:
Es fing damit an, daß ein persönliches Fehlverhalten (und zwar:
nichts weggeben zu können) abgeleitet werden konnte dadurch, daß
von dem verkauften Ensemble-Teil in der neuen Umgebung mit den
neuen Besitzern ein Foto gemacht wurde und so in das Ursprungsensemble
zurückgeführt werden konnte. Nebeneffekt: Konflikttraining und
die Möglichkeit, bestehende Kontaktprobleme in einem neuen, kleinen,
Ensemble anzugehen.
Hieraus ergab sich das Portrait-Ensemble auf Bestellung (wenn
gewünscht in haltbarer Form, dem an Verfügung stehenden Raum entsprechend).
Autragsarbeit für Ensembles sind nicht für jeden Menschen durchführbar.
-- Im günstigsten Fall: Zusammenarbeit.
Bisherige Pflanzenzuordnungen für Menschen:
"Dahlie", "Birne", "Erbse", "Avocados", "Ahorn", "Bambus", "Tulpe",
"Usambaraveilchen", "Fleissiges Lieschen", "Taubnessel".
Plan: die Portraits in Buchform zusammenzustellen ...
[the portrait ensembles done by Anna Oppermann are:
Unfreiwillige Verletzung / Involuntary injury
Avocado
Bambus / Bamboo
Ahornensemble / Maple-Ensemble
Dahlie / Dahlia
Pflaume (Ich Pflaume, du Pflaume) / Plum (I plum, you plum)
Galerist / Gallerist
Olive
Zypresse / Cypress
St. Florian
Pisum, Pisa
Lorbeerensemble / Laurel-Ensemble
Hamster
Hasen / Hares
Apfel / Apple
Das schwarze Quadrat / The Black Square
Steine in der Ecke / Stones in the Corner
Mentha piperita
Ferien mit Alex / Hollidays with Alex
Platanenensemble / Plane-Ensemble
Ausgerechnet Bananen / Bananas of all fruit
Rosen bewundern lernen / Learn to admire roses
Ensemble Biene Maja / Ensemble Bee Maja
Kein Bauch, wenig Kopf, viel Schwanz / No belly, not much head,
much tail
Schildkrötenensemble / Tortoise-Ensemble
Tulpenensemble / Tulip-Ensemble]
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